Friedrich Benninghoven

* 9.3.1925 Berlin, † 22.10.2014 Berlin
Nachruf von Norbert Angermann

Friedrich Wilhelm Benninghoven wurde am 9. März 1925 als Sohn eines kaufmännischen Angestellten in Berlin geboren. Im Jahre 1943 begann er an der Universität seiner Heimatstadt mit dem Studium der Geschichte, doch wurde er 1944 eingezogen. Er gelangte in sowjetische Kriegsgefangenschaft, wurde aber wegen schwerer Krankheit früh entlassen, so dass er ab 1946 das Studium in Berlin fortsetzen konnte. Unter der Anleitung des Hansehistorikers Fritz Rörig begann er dort mit der Arbeit an einer Dissertation über die Anfänge Rigas. Nachdem Rörig 1952 gestorben war, setzte Benninghoven die Abfassung seiner Promotionsschrift in Hamburg fort, betreut von dem Historiker des mittelalterlichen Livland Paul Johansen. Im Jahre 1961 erschien diese im Folgenden noch kurz zu charakterisierende Doktorarbeit unter dem Titel „Rigas Entstehung und der frühhansische Kaufmann.“ Ermöglicht durch ein DFG-Stipendium, verfasste Benninghoven in der Folgezeit ein Buch über den livländischen Schwertbrüderorden, das 1965 erschien.

Bei seinem weiteren Weg hatte er noch eine Zeitlang die baltische Richtung fest im Blick. Er wurde Archivar und war im Staatlichen Archivlager in Göttingen tätig, wo u.a. die während des Krieges nach Deutschland gebrachten Revaler Archivalien deponiert waren. Benninghoven hat eine Reihe von Dissertationen zur Revaler Stadtgeschichte angeregt und in Göttingen arbeitende Promovenden unterstützt. Seit 1960 war er Mitglied der Baltischen Historischen Kommission, 1968-1976 gehörte er ihrem Vorstand an. Von ihm wurde die Herausgabe der ersten Publikationsreihe unserer Kommission, der „Quellen und Studien zur Baltischen Geschichte“, angeregt, und zusammen mit den jeweiligen Vorsitzenden der Kommission gab er die ersten drei Bände dieser Reihe heraus. Besonders in den 1960er und 1970er Jahren erschienen auch wertvolle Aufsätze von ihm zur älteren baltischen Geschichte.

Indessen war er 1971 Stellvertretender Direktor und 1974 Direktor des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz in Berlin geworden. Dies führte zur weitgehenden Verlagerung seiner Forschungen auf preußische Themen und zu einer erheblich verstärkten administrativen und wissenschaftsorganisatorischen Tätigkeit. Als Herausgeber und Anreger – auch für baltische Arbeiten – spielte Benninghoven weiterhin eine besondere Rolle, seine Forschungsbeiträge kamen aber seinen früheren großen Werken zur baltischen Geschichte nicht mehr gleich.

Benninghovens Dissertation, um auf diese zurückzukommen, behandelte mit der Frühgeschichte Rigas ein schwieriges Thema, da die Quellenlage infolge des Verlustes von Rigaer Archivalien ungünstig ist. Durch eindringliche Untersuchung des verfügbaren Materials und Rückschlüsse aus späteren Überlieferungen vermag der Autor jedoch die Gründung und den Ausbau der Stadt, die Entstehung ihrer Ratsverfassung und die Bevölkerungsentwicklung überzeugend zu rekonstruieren. Andreas Fülberth äußerte in seiner kürzlich erschienenen Geschichte Rigas, dass an Benninghovens Darstellung „aus heutiger Perspektive lediglich aufgrund archäologischen Kenntniszuwachses inhaltliche Minimalkorrekturen durchzuführen wären.“ Dabei war das Buch von Benninghoven sogar für die archäologische Forschung  in Riga von Nutzen. Ich hatte einmal das Glück, von Andris Caune, dem langjährigen Leiter der Ausgrabungen in Riga, durch die Stadt geführt zu werden. Dabei äußerte er, dass er jedes Mal, wenn er sich über das alte Riga neu informiere, zum Buch von Benninghoven greife. Dies alles ist umso eindrucksvoller, als der letztere niemals in Riga gewesen war. Sein Ansehen in Lettland ist nach wie vor sehr hoch. Man hatte ihn zum Auswärtigen Mitglied der Akademie der Wissenschaften Lettlands gewählt, und  in zwei dortigen wissenschaftlichen Periodika sind bereits Nachrufe auf ihn erschienen.

Nur 35 Jahre lang, von 1202 bis 1237, existierte die ritterliche Korporation, die Benninghoven in seinem Buch „Der Orden der Schwertbrüder. Fratres milicie Christi de Livonia“ behandelt hat. Aber diese Zeit der Missionierung und der Herrschaftsbildung in Livland war von so grundlegender Bedeutung und das Geschehen so beziehungsreich, dass bei der Gründlichkeit von Benninghoven daraus ein Werk von 541 Seiten entstanden ist. Das weitgehende Fehlen von Vorarbeiten und die überwiegend spröde Quellengrundlage lassen auch diese Leistung als bewundernswert erscheinen.

Nach mehrjähriger Lähmung aufgrund eines verhängnisvollen Sturzes ist Friedrich Benninghoven am 22. Oktober 2014 in Berlin gestorben. Besonders im Blick auf die genannten Monographien gehört er für uns in die Reihe der großen baltischen Mediävisten.

Norbert Angermann